

Herr Scheinhardt, im April 2021 haben Sie die Position des Geschäftsführers der Baugesellschaft München-Land nach dem altersbedingten Ausscheiden Ihres Vorgängers übernommen. Was hat Sie an dieser verantwortungsvollen Aufgabe besonders gereizt und haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?
Karl Scheinhardt: Ich hatte das große Glück, noch drei Monate lang mit meinem Vorgänger, Ulrich Bittner, zusammen arbeiten zu können, der mir in dieser Zeit die Geschäfte übergeben hat. Herr Bittner war 36 Jahre bei der BML, davon 23 Jahre als Geschäftsführer. Einen versierteren, besseren und wohlwollenderen Ratgeber für all die Entwicklungen und Belange der BML hätte ich nicht haben können.
An der BML hat mich gereizt, dass sie als kommunales Wohnungsbauunternehmen schon per se für eine besondere gesellschaftliche Verantwortung steht. Mit 30 Gesellschaftern, darunter 27 Kommunen aus dem Landkreis, ist die BML auch außergewöhnlich breit aufgestellt, mit vielen unterschiedlichen Anforderungen und Aufgaben. Und das in einer Region, die zu den angespanntesten Wohnungsmärkten überhaupt gehört. Das heißt: es wird auch in den nächsten Jahren viel zu tun geben.
Die Baugesellschaft München-Land ist seit knapp sieben Jahrzehnten erfolgreich im kommunalen und geförderten Wohnungsbau tätig. An welchen Werten richten Sie Ihr Handeln aus und was macht die BML so erfolgreich?
Karl Scheinhardt: Ich habe vor wenigen Monaten bei dem jährlich stattfindenden „Rentner-Treff“ der BML eine ehemalige Mitarbeiterin kennenlernen dürfen, die die BML noch aus der Gründungszeit von 1953/54 kennt; damals ein Unternehmen mit zwei Mitarbeitenden. Heute hat die BML etwa 60 Mitarbeitende. Das Unternehmen ist stetig und solide gewachsen, hat mehr und mehr Wohnungsbauprojekte realisiert, den Wohnungsbestand im gesamten Landkreis konsequent ausgebaut und sich zu einem professionellen Bestandshalter und Dienstleister entwickelt. Neben der Bewirtschaftung von knapp 4.000 Wohnungen, wovon über 1.000 Wohnungen für unsere Gesellschafter-Kommunen verwaltet werden, haben wir z.B. in 2021 über 130 neue Mietwohnungen als Generalübernehmer für unsere Gesellschafter gebaut. Auf dem Bau läuft nie alles rund, aber ich sehe, dass unsere Gesellschafter uns als höchstverlässliche Partnerin wahrnehmen und dementsprechend auch viele neue Projekte und Aufgaben auf uns warten. Das freut mich sehr.
Ich will nicht unerwähnt lassen, dass wir als wirtschaftliches Unternehmen Gewinn erwirtschaften, rentabel sein müssen. Und uns stets auch mit Prozessoptimierungen, Leistungs- und Effizienzsteigerungen beschäftigen. Aber unsere Renditeerwartungen sind andere als die rein finanzinvestorengetriebener Unternehmen. Neben dem wirtschaftlichen Erfolg steht unsere soziale Verantwortung an erster Stelle. Wir bauen dadurch nicht günstiger, haben aber doch ganz andere Gestaltungsmöglichkeiten für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Das zeigt sich auch bei unseren Bestandsmieten, die man wahrlich als sehr moderat und preisdämpfend im Vergleich zu den Marktmieten bezeichnen darf. Auch das macht die BML sehr erfolgreich.
„Unsere soziale Verantwortung steht an erster Stelle!"
Karl Scheinhardt
Geschäftsführer der Baugesellschaft München-Land

Angesichts der anhaltenden Wohnungsnot in und um München ist die Kernaufgabe der Baugesellschaft München-Land so wichtig wie eh und je: das Schaffen von bezahlbarem Wohnraum für alleinstehende Menschen, für junge Familien, für Seniorinnen und Senioren. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die Zukunft und welche Ziele möchten Sie mit Ihrem Team in den nächsten 10 Jahren angehen?
Karl Scheinhardt: Es ist offensichtlich, dass der Wohnungsmarkt im Großraum München noch auf lange Sicht sehr angespannt bleiben wird. Und ich erlebe ja auch, dass im gesamten Landkreis über neue Wohnbauprojekte gesprochen wird. Unsere Aufgabe ist es, den Wohnungsbau voranzutreiben. Sowohl durch Neubauten für den Eigenbestand., als auch als Generalübernehmer für entsprechende Vorhaben unserer Gesellschafter-Kommunen. Da Grundstücke Mangelware sind, werden wir alle Möglichkeiten zur Nachverdichtung und Aufstockung überprüfen müssen.
Die Ansprüche an Wohnungsneubauten sind in der Vergangenheit stetig gestiegen. Damit meine ich nicht nur die energetischen Vorgaben für Energiebedarf und Wärmedämmung. Mittlerweile beschäftigen wir uns bei jedem Neubauvorhaben mit nachhaltigeren Baumaterialien, regenerativen Energien, Eigenstromversorgung, Lademöglichkeiten für Elektroautos - um nur einige Themen zu nennen. Dabei müssen wir uns stets die Frage stellen, für wen, für welche Ansprüche wir die neuen Wohnungen bauen wollen. Werden unsere heutigen Annahmen von idealen Grundrissen auch möglichen Ansprüchen in 20 Jahren genügen? Und benötigen wir wirklich in jedem Neubau immer mehr Technik, die zu immer höheren Nebenkosten führt? Keine einfache Abwägung.

Karl Scheinhardt: Ich habe die BML als sehr gut aufgestelltes Unternehmen kennen gelernt, mit einer tollen Mannschaft dahinter. Dass wir bauen können, steht fest. Qualität, Termine und Kosten von Neubauten haben wir im Griff. Dass wir Wohnungen vermieten und bewirtschaften, Instand halten und sanieren können, ist ebenso klar. Das ist unser Kerngeschäft seit bald 70 Jahren.
Die großen Herausforderungen der nächsten Jahre teile ich auf in externe und interne Aufgaben. Zu den externen Aufgaben gehört die Erreichung der Klimaziele unserer Gebäude, weitestgehende Reduzierung der Heizungen mit fossilen Energiequellen, der Ausbau regenerativer Energien. Lademöglichkeiten in den Tiefgaragen, Aufrüstung aller Verbrauchserfassungsgeräte für die Fernablesung, und die Glasfaserverkabelung in den Hausverteilernetzen sind ganz aktuelle Themen, die wir in den nächsten Jahren umgesetzt haben wollen.
Zu den internen Aufgaben für die nächsten Jahre gehört, dass wir nochmal einen großen Schritt in der Digitalisierung gehen wollen. Es gibt eine Reihe von Prozessen, die wir schneller, effizienter und kundenfreundlicher lösen können. Da müssen wir, da wollen wir hin. Überhaupt Kundenfreundlichkeit: auch das ist ein großes Thema für die nächsten Jahre. Heißt: Erreichbarkeit, Verbindlichkeit, Transparenz. Der heutige Mieter möchte seine Frage zum Mietvertrag, seinen Wunsch auf eine Mieterbescheinigung, seine Schadensmeldung unkompliziert loswerden. Egal um welche Uhrzeit. Am liebsten vom Smartphone aus. Ohne auf telefonische Erreichbarkeitszeiten angewiesen zu sein. Und er möchte eine schnelle, verbindliche Antwort. Das werden wir anpacken.
Zu den wichtigen Zielen gehört auch, die BML als attraktiven, familienfreundlichen und verantwortungsvollen Arbeitgeber stetig weiterzuentwickeln. Fühlen sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrer Aufgabe wohl, identifizieren sie sich mit den Zielen unseres Unternehmens. Das werden unsere Mieter, unsere Geschäftspartner und natürlich auch unsere Gesellschafter anerkennend zur Kenntnis nehmen. So ist es, so soll es bleiben; dafür haben wir in den nächsten Jahren aber auch noch einiges zu tun.
Reisen Sie mit uns in die Vergangenheit
1953
Am 23. Dezember wird die Baugesellschaft München-Land GmbH mit einem Stammkapital von 53.500 DM von folgenden Beteiligten gegründet: Landkreis München, Kreissparkasse München sowie die Gemeinden Garching, Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Ismaning, Oberhaching, Taufkirchen und Unterföhring. Firmensitz ist München. Gegenstand des Unternehmens sind der Bau und die Betreuung von Kleinwohnungen.

1954
Am 30. Januar erfolgt die Eintragung ins Handelsregister unter der RegisterNummer HRB 3487. Die Baugesellschaft München-Land GmbH tritt als Rechtsnachfolgerin an die Stelle der Gemeinnützigen Baugenossenschaft München-Land eGmbH und übernimmt zwölf Wohneinheiten. Hauptamtlicher Geschäftsführer wird Richard Naumann, Wolfgang Frank und Erich Zeitler werden als ehrenamtliche Geschäftsführer bestellt. Am 29. April wird die BML als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen mit Wirkung vom 1. Mai anerkannt.

1955
136 Wohneinheiten werden aus der Liquidation der Gemeinnützigen Wohn-, Bauund Siedlungsgenossenschaft eGmbH Ottobrunn übernommen. Das Stammkapital beträgt
3.037.000 DM, die Anzahl der gesellschaftseigenen Wohnungen 818. Die Anzahl der Gesellschafter hat sich auf 14 erhöht.

1966
Umzug der Geschäftsstelle vom Landratsamtsgebäude am Mariahilfplatz in die Zeppelinstraße 27. Die eigenen Räumlichkeiten entstanden durch Umbau einer gesamten Etage, auf der Eigentumswohnungen von der Stadt München freigestellt wurden.

1973
Die Anzahl der gesellschaftseigenen Wohnungen hat sich auf
1.143 erhöht, das Stammkapital auf 6.145.400 DM.

1985
Richard Naumann tritt in den Ruhestand. Neuer Geschäftsführer wird Karl Ludwig Kracker, der bereits seit 1966 mit den Vollmachten der Prokura ausgestattet war. Das Unternehmen weist 18 Gesellschafter auf und ein gestiegenes Stammkapital von rund 22.600.000 DM. Die Anzahl der gesellschaftseigenen Wohnungen beträgt 1.412.

1989
Die Wohnungsgemeinnützigkeit wird durch den Gesetzgeber abgeschafft.

1994
Umzug nach Haar in das neue Verwaltungsgebäude, das die Baugesellschaft München-Land auf eigenem Grund errichtet und mit den Mitteln aus dem Erlös der Münchner Etage finanziert hat.

1997
Karl Ludwig Kracker tritt am 31. Dezember in den Ruhestand.

1998
Ulrich Bittner, seit 1985 im Unternehmen, übernimmt die Geschäftsführung am 1. Januar. Inzwischen gehören dem Unternehmen 27 Gesellschafter an.

2000
Das Stammkapital beträgt 135.144.300 DM.

2002
Erich Zeitler und Diethelm Weber scheiden als stellvertretende Geschäftsführer aus. Fertigstellung eines Niedrigenergiehauses mit Solaranlage und sechs behindertenfreundlichen Mietwohnungen in Planegg-Martinsried.

2003
Am 21. Juli beträgt das Stammkapital 81.166.900 Euro, die Zahl der Gesellschafter hat sich auf 28 erhöht.

2008
Das Stammkapital der Baugesellschaft München-Land beträgt am 14.10.2008 99.505.900 Euro

2011
Die Tochtergesellschaft BML BauService GmbH wird am 21. Dezember 2011 gegründet.

2013
Bis zum 31. Dezember 2013 werden weitere 2.525.000 Euro für eine nächste Stammkapitalerhöhung eingezahlt.

2014
Die Baugesellschaft München-Land feiert ihr 60-jähriges Unternehmensjubiläum.

2015
Der BML-Hauptsitz in Haar wird erweitert und modernisiert. Ende 2015 beziehen 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre neuen hellen, freundlichen und modern ausgestatteten Büroarbeitsplätze.

2018
Die Angebots und Nachfragesituation von Mietwohnungen im Ballungsraum München ist weiterhin von einem enormen Nachfrageüberhang gekennzeichnet. Für die Stadt München wird bis zum Jahr 2030 ein Anstieg der Einwohnerzahl auf mehr als 1,8 Millionen Menschen prognostiziert, was die Mietpreise auf dem Regionalmarkt weiter verschärfen wird. Aufgrund des steigenden Nachfrageüberhangs ist der Neubau bedarfsgerechter und geförderter Wohnungen im Landkreis München weiterhin dringend notwendig.

2021
Nach 36 Jahren, davon 23 Jahre als Geschäftsführer, ist Ulrich Bittner zum 01. Juli 2021 in den wohlverdienten Ruhestand gegangen. Er übergab seine Nachfolge an Karl Scheinhardt, der seitdem die Geschäfte der BML leitet.


Wie wohnen wir morgen?
Die Wohnungswirtschaft steht vor vielen Herausforderungen:
- Der Klimawandel und hohe Energiepreise erfordern nachhaltige Lösungen beim Bauen.
- Die Digitalisierung zieht in Häuser und Städte ein, das Leben wird smarter.
- Der demografische Wandel verändert die Anforderungen an das altersgerechte Wohnen.
- Die umweltfreundliche Mobilität wird bedeutsamer.
- Das Privat- und Arbeitsleben verschmilzt seit Corona im Home-Office.
Wohnungsbaugesellschaften, politische und kommunale Vertretungen sowie die Stadtplaner müssen sich mit den Themenfeldern rund um bezahlbaren Wohnraum, nachhaltige Konzepte und lebenswerte Städte auseinandersetzen.